Beobachtungsabend auf der Balkonsternwarte

Wien 21, 14. 04. 2005

20050414wvo20.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:14. 04. 2005
Zeit:20.00 bis 23.15 MESZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:

Durchsicht:ausreichend (3)
Aufhellung:ausreichend (3)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:4.5

Bericht:

In der Dämmerung beobachtete ich Jupiter. Der Planet stand zwar noch ziemlich tief und das Seeing war ziemlich schlecht: 4 auf einer Schulnotenskala 1=sehr gut bis 5=unbrauchbar. Aber der Grosse Rote Fleck näherte sich dem Zentralmeridian und ich wollte einen Durchgang beobachten um wieder seine Länge zu messen. Der Fleck war bei 173x nur blass sichtbar und die Luftunruhe machte die Beobachtung nicht leicht. Als gemessenen Termin des Zentralmeridiandurchgangs ermittelte ich 20h23,3m MESZ ± 1,1 Minuten. Das ergibt eine Länge des GRF im System II von λ II = 100,1° ± 0,7°. Verglichen mit meinen bisherigen Beobachtungen in dieser Opposition ist das Ergebnis ganz gut (siehe Beobachtungsberichte vom 13.März und 1.April )

Danach schaute ich mir den Mond an. Beim "Herumspazieren" auf dem Mond mit 115x und 208x fiel mir vor allem eine sehr merkwürdige Formation auf: der etwa sechseckige grosse Krater Janssen (auf dem Rükl-Atlas auf Karte 67 und 68 eingezeichnet). Diese Struktur ist ziemlich mit kleineren Kratern bedeckt. Am vorangehenden Rand ist Fabricius darauf positioniert. Auch Fabricius sieht sehr ungewöhnlich aus: im Krater ist eine merkwürdige trapezförmige Bergkette zu sehen. Sie begrenzt den Zentralberg auf drei Seiten und sieht seltsam gerade aus. Im Krater Janssen waren auch noch zwei Rillen (Rimae Janssen) trotz der recht unruhigen Luft zu erkennen. Von dieser Mondlandschaft machte ich ein Webcam-Bild mit 3x Barlowlinse (3120mm Brennweite):

Krater Janssen und Umgebung: 2005 Apr.14, 21h11m MESZ. Norden ist oben, wie im Rükl-Atlas. Janssen ist etwa halb so gross wie die Bildhöhe und etwas links der Mitte. Fabricius ist etwas oberhalb der Mitte. Rechts ist auch ein Teil des Rheita-Tals (Vallis Rheita) zu erkennen.

Ohne Barlowlinse knipste ich bei f=1040mm den ganzen südöstlichen Mondteil. Durch die relativ günstige Libration war das Mare Australe (Südmeer, Rükl-Karte 76) am Mondrand sichtbar: es besteht aus vielen dunklen Mareflecken (lavagefüllten Kratern), die auf Lunar-Orbiter-Aufnahmen als altes Einschlagsbecken auf dem Mond identifiziert wurden (siehe Charles Wood, The Modern Moon, Seite 104).

Südöstlicher Mondrand. 2005 Apr.14, 21h04m MESZ. Norden ist oben. Janssen ist etwas oberhalb der Mitte, das Mare Australe am Mondrand rechts unten.

Ich spazierte noch auf einigen weiteren interessanten Mondgegenden herum. Aber heute Abend gab es auch eine Sternbedeckung durch den Mond. Der Stern näherte sich bereits dem noch etwas im aschgrauen Licht schimmernden Mondrand (bzw. eigentlich der Mond dem Stern, aber es sieht im Fernrohr immer so aus als ob der Stern sich dem Mond nähert). Ich lauerte bei 115x auf das Verschwinden von SAO 78291: ZACK, weg war er! Dabei löste ich meine Stoppuhr aus und schloss sie danach ans Zeitsignal Tel. 1505 an. Als genauen Zeitpunkt des Verschwindens erhielt ich 21h46m59,15s MESZ. Mein Beobachtungsort ist: Breite 48°18'09,6" Nord, Länge 16°25'18,7" Ost, Seehöhe 173m (GPS ÖK50).

Es war recht diesig und etwas aufgehellter Himmel. Das hielt mich nicht vom Beobachten einiger Veränderlicher Sterne ab. Am interessantesten war an diesem Abend der Mirastern R Leonis. Er ist von Regulus ausgehend leicht zu finden und ich schätzte seine Helligkeit auf bereits 8,2mag: er steigt bereits merkbar zu seinem Maximum an, das er voraussichtlich in zwei Monaten Anfang Juni erreichen wird. Vor einem Monat beobachtete ich R Leo noch 9,0mag hell. Ein guter Artikel zu R Leo mit Verweisen auf Karten mit Vergleichssternen ist auf der AAVSO-Webseite zu finden: http://www.aavso.org/vstar/vsots/0401.shtml.

Und auch der Komet C/2004 Q2 (Machholz) ist noch zu sehen! Er ist weiter in den Süden gewandert und war nicht weit von λ Draconis entfernt. Im 7x50 Sucher konnte ich ihn nicht mehr sehen -- wie gesagt war es recht diesig und das hellt den Stadtrandhimmel noch mehr auf. Aber im 130mm Refraktor war der Komet bei 35x deutlich als kleines Nebelwölkchen sichtbar. Die Gesamthelligkeit schätzte ich auf m1 = 8,0mag ± 0,3mag. Als Komadurchmesser erhielt ich 5'. Der Komet war etwas zentral verdichtet (DC=4) und in der Mitte war sehr schwach ein sternartiger Kern zu sehen. Bei 115x war dieser sternartige Kern etwas besser erkennbar und ich schätzte die Helligkeit m2 auf um die 12,5 bis 13mag.